Hintergrund
In den letzten Jahren hat die Energiearmut in Europa aufgrund mehrerer Krisen zugenommen, wie der wirtschaftlichen Krise nach der Pandemie, geopolitischer Spannungen oder extremer Wetterereignisse, die die Energiemärkte beeinflussen. Während steigende Energiepreise und eine allgemeine Inflation die Haushalte stärker der Energiearmut aussetzen, müssen auch andere Ursachen der Energiearmut, wie die schlechte Energieeffizienz von Gebäuden oder systemische und strukturelle Einkommensungleichheiten, berücksichtigt und angegangen werden. Als Reaktion auf die jüngsten Krisen hat die EU verschiedene Strategien und Programme wie den Green Deal, die Europäische Gebäuderichtlinie zur Energieeffizienz (EPBD) und die Energieeffizienzrichtlinie (EED) eingeführt, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, Energie zu sparen, erneuerbare Energien auszubauen und Energiearmut durch mittel- und langfristige Maßnahmen zu bekämpfen. Maßnahmen, die soziale und geschlechtsspezifische Gerechtigkeit in der Energiearmut vollständig anerkennen und das Potenzial von gemeinschaftsgeführten Initiativen nutzen, müssen jedoch noch entwickelt werden.
Energiearmut ist eine vielschichtige Herausforderung, bei der Einkommen, Energiepreise, Energieeffizienz von Gebäuden sowie geografische und kontextuelle Faktoren zusammenwirken und dazu führen, dass ein Haushalt seine Energiebedürfnisse, insbesondere für Beleuchtung, Kühlung oder Heizung des Wohnraums, nicht decken kann. Obwohl Einigkeit darüber besteht, dass niedriges Einkommen, hohe Preise und geringe Energieeffizienz die Hauptursachen von Energiearmut sind, zeigt eine breitere Betrachtung des Phänomens, dass es im aktuellen europäischen Kontext dringend erforderlich ist, die geringe Qualität des Gebäudebestands, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und sogenannte Lock-in-Effekte sowie systemische und strukturelle Ungleichheiten anzugehen, um nachhaltige und langfristige Lösungen für Energiearmut bereitzustellen. In diesem Sinne und im Einklang mit den derzeitigen Zielen der EU ist es essenziell, eine soziale (und geschlechtsspezifische) Dimension in die Bekämpfung der Energiearmut einzubeziehen.
GENDER4POwer wird verschiedene Handlungsbereiche zur Bekämpfung von Energiearmut abdecken, darunter:
Bereitstellung von Beteiligungs- und Finanzierungsstrategien, die gemeinsam mit vulnerablen Gruppen entwickelt wurden, sowie politischer Erkenntnisse und Empfehlungen für nationale und europäische Kontexte, mit dem Ziel, bewährte und etablierte Modelle zu skalieren und zu beschleunigen.
Analyse der Herausforderungen und Potenziale von Energiegemeinschaften und anderen bürgergeführten Initiativen bei der Bekämpfung von Energiearmut sowie die Untersuchung bestehender und potenzieller Finanzierungsmodelle hinsichtlich ihrer Berücksichtigung von Geschlechter- und sozialer Gerechtigkeit.
Direkte Zusammenarbeit mit Menschen, die von Energiearmut betroffen sind, durch die Einbindung von bürger- oder gemeindegesteuerten Initiativen an sechs (6) Pilotstandorten (Demonstratoren) in ganz Europa. Dieser Ansatz ermöglicht die Identifizierung von gemeinschaftsspezifischen Energiebedürfnissen und die Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen, die wahrscheinlich effektiver sind. Darüber hinaus befähigt er Bürgerinnen und Bürger, ihre Gemeinschaften zu stärken, ein gegenseitiges Verständnis im Umgang mit eigener Energiearmut zu schaffen und voneinander zu lernen.
Stärkung der Kapazitäten lokaler Akteur:innen, um strukturelle und gezielte Maßnahmen zur Minderung von Energiearmut umzusetzen, durch: 1) den Zugang zu erneuerbaren Energien mit einem dezentralen und gemeinschaftsbasierten Ansatz; 2) die Umsetzung von kleinen, spezifischen Energieeffizienzmaßnahmen und Verhaltensänderungen; und 3) die Planung und Durchführung von umfassenden Renovierungen.
Verbesserung der Fähigkeiten von Betroffenen und verschiedenen Akteur:innen, die vor Ort mit der Bekämpfung von Energiearmut beauftragt sind (einschließlich lokaler Behörden, Energieversorger, Energiegemeinschaften und zivilgesellschaftlicher Organisationen), um konstruktiv zu agieren und laufende Prozesse zu verbessern.
Entwicklung zeitnaher, klarer und transparenter Informationskampagnen, um lokale Gemeinschaften, Gemeinden und regionale Behörden sowie die breitere Zivilgesellschaft einzubinden und das Bewusstsein zu schärfen.
Das Projekt konzentriert sich auf die Bekämpfung von Energiearmut durch drei zentrale Themen:
- Zugang,
- Bezahlbarkeit und
- Energieeffizienz.
Pilotstandorte in sechs Ländern berücksichtigen diese Aspekte, wenn Lösungen im Zusammenhang mit der Produktion und Verteilung erneuerbarer Energien sowie der Gebäuderenovierung getestet werden. Erneuerbare Energien, insbesondere durch gemeinschaftsgeführte Initiativen, haben das Potenzial, Energiearmut zu reduzieren, indem sie den Zugang, die Bezahlbarkeit und die Dezentralisierung verbessern und gleichzeitig Umwelt- und Gesundheitsvorteile bieten. Ebenso ist die Renovierung von Gebäuden, sowohl im kleinen als auch im großen Maßstab, entscheidend für die Bekämpfung von Energiearmut, da sie Probleme wie unzureichende Dämmung und veraltete Heiz- und Kühlsysteme angeht. Bürgergeführte Initiativen, wie Energiegemeinschaften, können energieeffiziente Renovierungen aktiv in ihre Aktivitäten integrieren und mit lokalen Regierungen zusammenarbeiten, um Initiativen zu entwickeln, die konsequent die Bedürfnisse und Präferenzen der Gemeinschaftsmitglieder berücksichtigen.
Österreich | Schweizer Haus Hadersdorf (SHH) (Wien):
B-NK wird Pilotstandort Schweizer Haus Hadersdorf (SHH) koordinieren, eine gemeinnützige stationäre und ambulante Therapieeinrichtung für Suchterkrankungen in Wien. Das SHH verfolgt das Ziel, suchtkranke Menschen durch kurz- bis mittelfristige Therapien, medizinisch-psychiatrische Behandlungen und sozialarbeiterische Unterstützung auf ihrem Weg zu einem stabilen, selbstbestimmten Leben zu begleiten. Dank der Nähe zur Stadt Wien und der guten Erreichbarkeit bleiben die Klient:innen integriert; Besuche und Ausflüge fördern den Kontakt zu Familie und Freund:innen.
Die Zielgruppe des SHH ist häufig von Energiearmut bedroht, da viele der Klient:innen aus sozioökonomisch benachteiligten Verhältnissen stammen und Schwierigkeiten haben, angemessenen Wohnraum zu finanzieren. Zudem gehört diese Gruppe zu den schwer erreichbaren Zielgruppen.
Ein dezentraler Zweig des SHH, die Gesundheitsgreisslerei-Einrichtung, ist eine ambulante Therapieeinrichtung für Suchterkrankungen, die von Frauen geleitet wird und speziell Frauen unterstützt, die Probleme mit Alkohol- oder illegalem Substanzkonsum haben. Die Maßnahmen von GENDER4Power werden sich auf diese Einrichtung konzentrieren.
Ziele:
- Aufbau einer sozialen und solidarischen Energiegemeinschaft auf dem Gelände des SHH mit dem Ziel, gefährdete Nutzergruppen (Patient:innen des SHH) aktiv einzubeziehen und zu integrieren, basierend auf dem österreichischen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz 2021.
- Umsetzung gendersensibler Maßnahmen zum Kompetenzaufbau, die die Querschnittsthemen Energieeinsparberatung und soziale Unterstützungsdienste adressieren (Energieberater:innen, Sozialarbeiter:innen, Gesundheitspersonal und deren Stakeholder).
Fokusbereiche:
- Stärkung und Einbindung vulnerabler Gruppen: Förderung von Energiekompetenz und Bewusstsein.
- Aufbau einer sozialen Energiegemeinschaft auf solidarischer Basis.
Mehr über das Programm: https://cinea.ec.europa.eu/programmes/life_en